Renate Kammauf

ESTLAND – BILDER EINER HEIMAT

Vor zwei Jahren besuchte ich zum ersten Mal Estland. Dieses Land kannte ich bis dahin nur aus den Erzählungen meiner Mutter, die 1944 aus ihrer Heimat flüchten musste. Zeit ihres Lebens hatte sie Sehnsucht nach ihrem Heimatland, in das sie nie wieder zurückkehren sollte.

In ihren Erzählungen beim täglichen Abendessen wurde ihre Kindheit für sie und uns Kinder wieder lebendig.

Während sie erzählte, sah ich es vor mir: die unendliche Weite des Horizonts, wie die Lerchen singend in den Himmel auf-stiegen, die sprudelnden Quellen und das glasklare Wasser der Seen und ganz besonders das Spiel der Wolken, wie sie dahin-zogen, wie sie sich veränderten, wie meine Mutter im Gras lag und ihre Phantasie mit auf die Reise schickte……

Für uns Kinder kamen diese Erzählungen aus einer ganz anderen Welt, die nicht nur für unsere Mutter unerreichbar schien.

Und dann war ich plötzlich dort!

All ihre Schilderungen waren zum Leben erweckt worden, ich spürte den weichen, schmeichelnden Wind. Ich sah die Lerchen in den Himmel aufsteigen, die Wälder waren voll mit Beeren und Pilzen, das Wasser war frisch und klar. Ganze Wolken-türme zogen über den Himmel und schrieben Geschichten.

Ich spürte, dass ich hier meine Wurzeln gefunden hatte.

Die ausgestellten Bilder